Freitag, 25. März 2011

Alice Lex (1893 - 1975): "Die harte Strasse"


Die 40er Jahre, nach dem Ende des II. Weltkriegs, während der Zeit der sowjetischen Besatzungsbehörden in der Ostzone, und die 50er Jahre in der frühen DDR, waren eine Zeit der kulturellen Blüte. Allein was es an Ausstellungen moderner Kunst gab, siehe z.B. http://barrynoa.blogspot.com/2009/10/bn-und-otto-mueller-mit-einem-exkurs.html oder was an Grafikmappen fortschrittlichen Inhalts verlegt wurde, dies gab es in späteren Zeiten nicht mehr. Der anfänglich antifaschistische und fortschrittliche Charakter mußte in der DDR ab den 60er Jahren immer mehr einer erstarrten sozialfaschistischen Ausrichtung weichen. Kleinbürgerliche Elemente bestimmten nun die Politik und diese Cliquen an der Macht hatten wenig Interesse an einer fortschrittlichen Gesellschaft. Bis in die kleinsten Niederungen der SED und Stasi herrschten nun Opportunisten mit einer kleinbürgerlichen Denkweise mit ihrer kleinbürgerlichen Lebensweise. Sozialisten waren diese Typen nur dem Namen nach und Künstler wie z.B. eine Alice Lex (1893-1975) hatten es immer schwerer und Ausstellungen von Otto Mueller, wie noch 1947, die wurden rar, entsprach doch progressive Kunst so gar nicht dem Geschmack der kleinbürgerlichen „Genossen“, die eher an üblem Kitsch Gefallen fanden.

1950 erschienen im Grafik-Verlag Dr. Heinrich Mock im Thüringer Volksverlag, Weimar, etliche Grafik-Mappen progressiver Künstler, so auch eine Grafik-Mappe von Alice Lex: „Die harte Strasse“. Dr. Heinrich Mock war ein Sammler und Grafikförderer, der sich große Verdienste um die fortschrittliche Kunst nach dem Krieg erworben hatte. Eine seiner früheren Haushälterinnen lernte ich 1980 kennen, besaß sie doch ein Bild von Walter Timmling, und ich fertigte gerade ein Verzeichnis der Werke und Besitzer der Bilder Timmlings an. Von dieser Dame bekam ich zwei Grafik-Mappen zum Geburtstag geschenkt, die ihr damaliger Arbeitgeber Dr. Mock 1950 herausgegeben hatte.

Alice Lex studierte von 1911 bis 1916 an der Berliner Kunstakademie und war eng mit Hannah Höch und John Heartfield befreundet. Verheiratet war sie mit Oskar Nerlinger (http://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_Nerlinger), dem sie bei seinen Animationsfilmen und Fotografien half. Seit 1928 war sie Mitglied der KPD und gestaltete deren Plakate. 1933 wurde sie kurzzeitig inhaftiert, veröffentlichte dann in der inneren Emigration bis 1945 keinerlei künstlerische Arbeiten mehr. Nach 1945 erschienen etliche Arbeiten von ihr und bis zu ihrem Tode arbeitete sie künstlerisch.

Ich habe aus obiger Grafikmappe 6 der insgesamt 16 Grafiken ausgesucht und in Ausschnitten eingescannt, die ich für sehr aussagekräftig halte: 1. Scan: „Nach dem Kriege 1914-1918“, 2. Scan: „Politische Gefangene 1933“, 3. Scan: „Gestorben auf der Flucht“, 4. Scan: „Heimgekehrt“, 5. Scan: „Schlaf des tödlich Erschöpften“, 6. Scan: „Vergessen vom dritten Reich“. Es sind beeindruckende Bilder, die das harte Leben damals ungeschminkt zeigen.

"Nach dem Kriege 1914-1918" zeigt zwei hungernde Kinder in einem Container nach Nahrung suchen. Dieses Bild berührt auch insofern, da in heutiger Zeit Unmengen an Nahrungsmitteln in die Container der Kaufhallen wandern, Nahrungsmittel die absolut eßbar sind, die verantwortungslose Handelsleute in Container schmeissen, statt sie den Tafeln, die bedürftige Bürger versorgen, zur Verfügung zu stellen. Man stelle sich nur mal hin, wenn eines dieser riesigen Autos zu einer Kaufhalle kommt, die diese Container mit besten Nahrungsmitteln, zur Verwendung als Biomasse für Biosprit, abholt! Da wandern hunderte Brokkoli in die Biomasse, nur weil die Zellophantüten ein wenig beschädigt sind oder hunderte Paprika, nur weil in den Dreierpacks eine Schote ein wenig angegangen ist. Es ist ein Skandal ohnegleichen! Vor einigen Jahren versorgten sich an diesen Containern Arme mit Gemüse, dies allerdings illegal. Jetzt geht das nicht mehr, fast alle dieser Container sind fest vor "Dieben" verschlossen.  

„Gestorben auf der Flucht“, ein Bild welches in späteren DDR-Jahren nicht mehr hätte veröffentlicht werden können, wollten doch die Sozialfaschisten der SED vom Leid der Vertreibung nichts mehr wissen. Diese Haltung haben ab den 70er Jahren auch viele Westdeutsche übernommen, die Erinnern an millionenfaches Leid der Deutschen aus den Vertreibungsgebieten des Ostens irrigerweise mit Revanchismus und Rechtslastigkeit gleichsetzen.

Der „Schlaf des tödlich Erschöpften“ ist ein Bild welches mich persönlich sehr berührt, erinnert es mich doch an meine Mutter, wie sie schwerkrank in einem dieser deutschen Krankenhäuser zeitweise zubringen mußte, und wo keinerlei Rücksicht darauf genommen wurde, daß sie tagelang nicht geschlafen hatte. In der Tradition preußischen Ungeistes wurde sie früh geweckt und aus dem gerade mal eine Stunde andauerndem Schlaf gerissen und sinnlose Untersuchungen gemacht, die Mutter maßlos anstrengten. Genau so erschöpft wie die Person auf dem Bild von Alice Lex konnte sie endlich einmal schlafen, nachdem sie zum Glück zuhause war, entronnen einem menschenunwürdigen Krankenhausbetrieb, der keinerlei Rücksicht auf Leidensfähigkeit nimmt.

Das Bild „Vergessen vom dritten Reich“ zeigt zwei Verschüttete, ein Kapitel der Geschichte welches auch gern vergessen wird. Diese Verschütteten sind nicht nur von den Nazis vergessen worden, sondern auch die Nachkriegsgenerationen und die heutige Politik haben sie vergessen. Weder Mahnmale noch Gedenken erinnern an sie. Durch den anglo-amerikanischen Bombenterror gegen die deutsche Zivilbevölkerung im II. Weltkrieg, siehe auch:  http://barrynoa.blogspot.com/2009/03/das-bombeninferno-des-7-marz-1945-in.html und http://barrynoa.blogspot.com/2009/03/nachtrag-zum-bombeninferno-des-7-marz.html , wurden auch tausende Zivilisten in ihren Kellern, wo sie Zuflucht gesucht hatten, verschüttet. Konnten sie lebend geborgen werden, so waren diese Menschen, meistens Kinder und Alte, seelisch gestört, oft schwer für ihr restliches Leben nervenkrank. Viele Verschüttete konnten nicht geborgen werden, verreckten nach Tagen unter Trümmerbergen elendiglich und ihre Skelette wurden sogar erst nach Jahren beim Wiederaufbau gefunden.

Daß Krieg kein Mittel zur Durchsetzung politischer Interessen mehr sein darf, dies schworen sich die Deutschen nach 1945. Ausgerechnet unter Beteiligung einer ehemals pazifistischen Partei, den Grünen, zog dann Deutschland wieder mit deutschen Soldaten in Kriege. Daß nun die derzeitige Regierung Merkel/Westerwelle sich einer weiteren Beteiligung an einem Krieg (Libyen) verweigerte, dies muß man hoch anrechnen. Welch Geistes Kind grüne Politiker sind, die dies kritisieren, dies scheint dem Wähler nicht einzuleuchten, wenn gerade diese Partei jetzt so im Aufwind ist.

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