Sonntag, 18. Dezember 2011

Eine alte Weihnachtsampel mit autoritärem Weihnachtsmann und nettem Schneemann





Heute habe ich mal wieder unsere alte Weihnachtsampel hervor gekramt. Der Zahn der Zeit hat schon mächtig an ihr genagt, dies obwohl sie noch gar nicht so uralt ist. 1952 kauften meine Eltern diese Ampel und stellten sie zu Weihnachten auf, da war ich 1 ½ Jahre alt und wahrscheinlich kauften sie sie für mich, denn das flackernde Licht darinnen, welches die farbigen Fenster erleuchtet, war wahrscheinlich auch für ein Kleinkind, wie mich, interessant. Die Ampel stammte aus DDR-Produktion und dieses Gebiet war ja bekanntlich evangelisch. Statt des Christkindes, wie in katholischen Gebieten üblich, brachte der Weihnachtsmann die Geschenke. Daß ein Christkind Kindern mehr zusagt, da harmloser als ein autoritär wirkender Weihnachtsmann, ist bekannt, aber eine Krippe und das Christkind fehlen halt nun mal auf den Fenstern der Ampel, ausgerechnet das wichtigste des ganzen Festes!

Das Weihnachtsfest mochte ich schon als Kind nicht. Den autoritären Weihnachtsmann, der mit dieser furchterregenden Maske die es in den 50er Jahren gab, den wies ich als kleiner Junge ab. Wie mir meine Eltern erzählten, stieß ich diesen Typen (mein Opa hatte sich als Weihnachtsmann, mit so einer Maske auf, verkleidet) von mir und ich soll weinend geschrieen haben: „Hau ab, Du böser Mann!“. Da muß ich 3 Jahre alt gewesen sein. Auch ein Jahr später dasselbe und dann ließen es meine Eltern sein, mich mit diesem Kinderschreck zu ärgern und die Geschenke brachten fortan meine Eltern.

In den 50er Jahren kannte man noch keine freiheitliche Kindererziehung, die zum Glück die antiautoritäre Bewegung der 68er brachte und so ein Weihnachtsmann war damals eine furchteinflößende Autorität, die unbewußt seit dem 19. Jahrhundert eingesetzt wurde um Kindern Gehorsam einzuflößen, unter dem Motto: Schön artig sein, dann gibt es Geschenke, unartigen Kindern dagegen Strafe! Der Weihnachtsmann wurde für Kinder in eine Reihe von „Autoritäten“ gestellt, wie dem Polizisten, dem Lehrer, dem Pfarrer (in der DDR stattdessen: dem hohen Parteifunktionär). Diese schwarze Pädagogik aus dem Biedermeier stammend, siehe das Buch „Struwwelpeter“, wirkt ja noch heute nach und dies wieder stärker als in den 70er und 80er Jahren, wo die antiautoritäre Pädagogik all den Unterdrückungsmüll abzuwerfen versuchte, siehe Waechters „Anti-Struwwelpeter“, daraus eine typische Seite (mittlerer Scan), dazu passend mein Beitrag: http://barrynoa.blogspot.com/2010/07/badezeit-eine-historische-sicht.html.


Wenn die Ampel aufgestellt wurde, dann drehte ich sie immer so, daß der „olle“ Weihnachtsmann nicht zu sehen war, stattdessen erfreute ich mich an dem Schneemann, einem wirklich netten Gesellen, der mir auch später noch sympathisch war und die Feinfrostwaren die es in der DDR zu kaufen gab, die schmeckten mir als Kind schon deshalb gut, weil ein Schneemann auf Schlittschuhen das Markenmaskottchen war, siehe letztes Foto. Nett ebenfalls der Rabe auf dem Baum und auch die Rabenvögel blieben mir ein Leben lang sympathisch. Das Fenster mit der Kirche rührte mich nur insofern an, daß mir das Reh leid tat, welches draußen im Schnee hungern und frieren mußte, während in der Kirche die Menschen im warmen saßen. Na und das Leben zeigte, daß auch in der Gesellschaft nach 1989 es oft vorkommt, daß in prunkvollen Kirchen das satte Bürgertum sich heimeliger selbstgefälliger Frömmelei hingibt, während draußen das Elend herrscht.

Diese Ampel, die hat mich wahrscheinlich auch künstlerisch beeinflußt, denn Glasmalereien – die Ampelfenster wirken ja wie Glasmalereien – habe ich zwar später nie gemacht, aber den Konturstil bei vielen meiner Arbeiten gepflegt. Statt der Bleieinfassung ist es dann die kräftige schwarze Kontur von einer Feder oder dem Pinsel die ähnliche Effekte erzielt und deren man sich auch in Comics bedient.

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