Mittwoch, 15. April 2015

Erinnerung an Herbert Otto, Konrad Schmidt und Jochen Moll: Stundenholz, Wassermelone und Pfirsich

Vergessen? Nein, bei mir sind diese wunderbaren Bücher nicht vergessen, die mich schon als Kind begeisterten, die aber jetzt leider keiner mehr kennt! Dieses nicht mehr Beachten und nicht mehr verlegen, ist meiner Meinung nach genau so schlimm, wie die Bücherverbrennungen der Nazis. Man will es politisch eben nicht, daß Bücher aus der DDR-Zeit in Zukunft noch jemand kennt, denn das würde ja manch platter Propagandalüge und Volksverblödung der gesteuerten Massenmedien zuwider laufen.

Der erste Teil der Reise

Der zweite Teil der Reise


Als Kind war ich begeistert von den 1958/59 erschienen zwei Reisebüchern durch den Orient von den Schriftstellern Herbert Otto (http://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Otto) und Konrad Schmidt (http://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Schmidt) und dem Fotografen Jochen Moll: „Stundenholz und Minarett“ und „Minarett und Mangobaum“.
 
Die drei Teilnehmer der Reise und ihr Wartburg

Die Reiseroute. Oben habe ich die Todesanzeige von Konrad Schmidt mit eingescannt, der 1995 starb.

Autogramm von Herbert Otto aus dem Jahre 1959 auf dem Innentitel des 1. Bandes
 
Dieser Orient der 50er Jahre war ein ganz anderer Orient als er es jetzt ist, zwar auch sehr islamisch geprägt, aber bei weitem nicht so reaktionär wie heutzutage. Fortschritt zog dort ein, es gab die „Vereinigten Arabischen Länder Ägypten und Syrien“ und trotz großer Armut ging es dort voran. Die drei Expeditionsteilnehmer aus der DDR, deren Bekanntester schon damals Herbert Otto, 1966 berühmt geworden durch „Zeit der Störche“, fuhren mit einem Wartburg Länder ab, die ich als kleiner Junge nur aus den Büchern eines Karl May kannte. Es ist eigenartig, daß mich bei den Fotos besonders die beiden von mir ebenfalls eingescannten beeindruckten, wo ein griechischer Mönch vom Berg Athos in eine Wassermelone biß und wo eine Frau einen Pfirsich genüßlich verspeiste. Ich malte mir als Kind aus, daß diese Früchte himmlisch schmecken müßten. Beides kannte ich nicht, denn derartige Früchte gab es in der DDR damals nicht zu kaufen und auch im heimischen Garten hatten wir zu diesem Zeitpunkt keinen Pfirsichbaum, den wir später natürlich hatten.
 
Das Wasser lief mir im Munde zusammen, als ich diese Fotos als Kind sah!
 
Aber auch die alte ärmliche Frau imponierte mir, flocht sie doch einen wunderbaren Korb wie er nicht schöner sein könnte, siehe Scan:
 
 
Ach, und das kleine Eselchen! Dem war kein gutes Schicksal beschieden, denn die Südländer waren schon damals schlecht zu Tieren, eine Folge der Tierfeindlichkeit der dort herrschenden Religionen: Islam, Judentum, morgenländisches Christentum!
 
 
Ja und dann staunte ich über die türkischen Jungs, die da draußen an der Straßenbahn hingen, denn in Dessau, wo ich oft mit der Straßenbahn fuhr, da war so etwas unmöglich. Und dann trugen sie Jeans, die ich mir auch wünschte, und das in den 50er Jahren, wo diese in der DDR verpönt waren.
 
 
Unter der Lesebrille eines kleinen Jungen, der ich damals war, da kam also mehr zum Gehirn als es den Politikern der DDR damals lieb war, aber dennoch, waren gerade die 50er Jahre in der DDR eine liberale und fortschrittliche Zeit, was heutzutage bewußt unter den Teppich gekehrt wird.

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